Ver­ein­bar­te Beschaf­fen­heit oder ver­trag­lich vor­aus­ge­setz­te Verwendung

 

Stich­wor­te
Prü­fung Bau­trä­ger­ver­trag, Kauf­ver­trag, Sach­man­gel, Beschaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung, vor­aus­ge­setz­te Verwendung

Bun­des­ge­richts­hof
Urteil vom 20.03.2019 – VIIIZR213/18
Kurzfassung

Rdn. 20
1. Nach 434 Abs. 1 BGB ist eine Sache frei von Sach­män­geln, wenn sie bei Gefahr­über­gang eine ver­trag­lich ver­ein­bar­te Beschaf­fen­heit auf­weist (Satz 1), sich für eine nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net (Satz 2 Nr. 1), oder wenn sie sich für die gewöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und eine Beschaf­fen­heit auf­weist, die bei Sachen der glei­chen Art üblich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sache erwar­ten kann (Satz 2 Nr. 2) ...

Rdn. 22
aa) Nach der stän­di­gen Recht­spre­chung des Senats setzt eine Beschaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung im Sin­ne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vor­aus, dass der Ver­käu­fer in ver­trags­ge­mäß bin­den­der Wei­se die Gewähr für das Vor­han­den­sein einer Eigen­schaft der Kauf­sa­che über­nimmt und damit sei­ne Bereit­schaft zu erken­nen gibt, für alle Fol­gen des Feh­lens die­ser Eigen­schaft ein­zu­ste­hen... An das Vor­lie­gen einer Beschaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB sind stren­ge Anfor­de­run­gen zu stel­len; unter der Gel­tung des neu­en Schuld­rechts kommt sie nicht mehr im Zwei­fel, son­dern nur noch in ein­deu­ti­gen Fäl­len in Betracht ...

Rdn. 24 ff
b) Die wei­te­re Beur­tei­lung des Beru­fungs­ge­richts, der Ver­pa­ckungs­ma­schi­ne feh­le die Eig­nung für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­ten Ver­wen­dung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB), weil die von der Klä­ge­rin gewünsch­te und zur "Geschäfts­grund­la­ge" gewor­de­ne Pro­duk­ti­ons­ge­schwin­dig­keit und der ver­trag­lich vor­aus­ge­setz­te Zweck einer "regel­mä­ßi­gen Pro­duk­ti­on mit ver­läss­li­chen und gegen­über der alten Maschi­ne ver­bes­ser­ten Stück­zah­len" nicht erreicht wer­de, ist hin­ge­gen von Rechts­irr­tum beeinflusst ...

aa) § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB stellt dar­auf ab, ob sich die Kauf­sa­che für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net. Dabei geht es um die kon­kre­te Nut­zung der Kauf­sa­che durch den Käu­fer, die die Par­tei­en zwar nicht ver­ein­bart, aber über­ein­stim­mend unter­stellt haben ... Bei der Ermitt­lung die­ser Ver­wen­dung sind neben dem Ver­trags­in­halt die Gesamt­um­stän­de des Ver­trags­ab­schlus­ses heranzuziehen ....

434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB zielt mit dem Merk­mal der "nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­ten Ver­wen­dung" nicht auf kon­kre­te Eigen­schaf­ten der Kauf­sa­che ab, die sich der Käu­fer vor­stellt, son­dern dar­auf, ob die Sache für die dem Ver­käu­fer erkenn­ba­re Ver­wen­dung (Nut­zungs­art) durch den Käu­fer geeig­net ist ... Die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung kann sich dabei von der gewöhn­li­chen Ver­wen­dung der Kauf­sa­che unter­schei­den ... Letzt­lich wird der feh­len­den Eig­nung für die Ver­wen­dung nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB in der Regel nur dann eine eigen­stän­di­ge Bedeu­tung gegen­über der­je­ni­gen nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB zukom­men, wenn die Par­tei­en nach dem Ver­trag eine ande­re als die gewöhn­li­che Ver­wen­dung vor­aus­ge­setzt haben.

Rdn. 28
Ob das Feh­len einer bestimm­ten, nicht zum Gegen­stand einer Beschaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung gemach­ten Eigen­schaft einen Sach­man­gel nach 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB dar­stellt, rich­tet sich nicht danach, ob die­se "Geschäfts­grund­la­ge" des Ver­trags gewor­den ist. Dies lie­fe – falls das Beru­fungs­ge­richt mit dem Begriff "Geschäfts­grund­la­ge" gemeint haben soll­te, dass die Par­tei­en eine bestimm­te Pro­duk­ti­ons­ge­schwin­dig­keit oder von der Klä­ge­rin gewünsch­te Stück­zah­len als kon­kre­te Nut­zung gemein­sam unter­stellt hät­ten – im prak­ti­schen Ergeb­nis dar­auf hin­aus, die an eine Beschaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB zu stel­len­den (stren­gen) Anfor­de­run­gen dem Gesetz zuwi­der zu unterlaufen.

(Den voll­stän­di­gen Text der Ent­schei­dung fin­den Sie hier)

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