Stichworte:
Verbraucherschutz, Übereilungsschutz, Immobilienkauf, Prüfung Bauträgervertrag, Notarhaftung
Bundesgerichtshof
Urteil vom 07.02.2013 – III ZR 121/12
Leitsatz
1. Die Regelfrist von zwei Wochen nach § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG steht nicht zur Disposition der Urkundsbeteiligten.
2. Ein Abweichen von der Regelfrist kommt nur dann in Betracht, wenn im Einzelfall nachvollziehbare Gründe – auch unter Berücksichtigung der Schutzinteressen des Verbrauchers – es rechtfertigen, die dem Verbraucher zugedachte Schutzfrist zu verkürzen. Voraussetzung für die Nichteinhaltung der Frist ist deshalb ein sachlicher Grund.
3. Der Notar hat, so die Regelfrist von zwei Wochen nicht abgelaufen ist und die Zwecke dieser Wartefrist nicht anderweitig erfüllt sind, die Amtspflicht, eine Beurkundung auch dann abzulehnen, wenn diese von den Urkundsbeteiligten gewünscht wird.
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. März 2012 aufgehoben.
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 1. Juni 2011 unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Beklagten abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt,
a) an die Kläger als Gesamtgläubiger 10.385,78 € sowie an die H. Rechtsschutzversicherung 485,09 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juli 2007 zu zahlen;
b) an die Kläger als Gesamtgläubiger weitere 745 € (Notariatsgebühren) zu zahlen;
c) die Kläger von vorgerichtlichen Kosten ihrer Prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte Sch. , R. und Kollegen, Hagen, in Höhe von 1.025,30 € freizustellen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zur tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger erwarben mit von dem Beklagten beurkundeten Kaufvertrag vom 16. April 2007 von dem Verkäufer Erich S. zwei in H. , F. straße , gelegene, bei Vertragsschluss vermietete Eigentumswohnungen zu einem Kaufpreis von insgesamt 151.000 €. Der Verkäufer S. hatte die Vertragsobjekte seinerseits erst kurz zuvor erworben und war bei Vertragsschluss noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, worauf im Kaufvertrag mit den Klägern hingewiesen wurde, ebenso wie auch darauf, dass der grundbuchliche Vollzug der vom Beklagten beurkundeten Teilungserklärung des (Vor-)Eigentümers noch ausstehe. Der Kaufvertrag vom 16. April 2007 enthielt weiter folgende Vorbemerkung:
"Vorliegend handelt es sich um ein Verbrauchergeschäft iSd. § 13 BGB. Dies ist der Fall, wenn der Verkäufer in Ausübung einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (§ 14 Abs. 1 BGB). Bei einem Verbrauchergeschäft hat der Notar gem. § 17 BeurkG darauf hinzuwirken, dass den Käufern der Entwurf der not. Verhandlung 14 Tage vor der Beurkundung vorliegt.
Hier ist diese Überlegungsfrist nicht gewahrt. Die Käufer werden eindringlich belehrt, dass es ratsam ist, sich vor einem Immobilienkaufvertrag mit Vertrauenspersonen zu besprechen, um sich die Risiken klarzumachen und dass der Gesetzgeber die 14-tägige Überlegungsfrist als Regelfall vorsieht.
Die Käufer werden darauf hingewiesen, dass sie sich mit der Finanzierung der Immobilie für fast 30 Jahre binden und sie wegen des aufzunehmenden Kredits mit der Wohnung und ihrem gesamten persönlichen Vermögen haften. Dies gilt umso mehr, wenn Mieter die Miete nicht zahlen sollten. Die Käufer wollen auch nach dieser Belehrung noch unbedingt heute beurkunden und lehnen den Vorschlag des Notars ab, die 14-tägige Überlegungsfrist abzuwarten. Sie bestehen also trotz der geschilderten tatsächlichen und rechtlichen Umstände und Bedenken des Notars auf die heutige Beurkundung."
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 7. Mai 2007 erklärten die Kläger dem Verkäufer S. gegenüber wegen arglistiger Täuschung und Irrtums die Anfechtung des mit ihm geschlossenen – für sie wirtschaftlich nachtteiligen – Kaufvertrags sowie daneben den Rücktritt vom Vertrag. Nachdem der Verkäufer dem mit Schreiben vom 10. Mai 2007 entgegengetreten war und auf Abwicklung des seines Erachtens wirksam zustande kommenden Kaufvertrags bestanden hatte, einigten sich die Kläger anschließend mit ihm im Rahmen einer so bezeichneten Aufhebungsvereinbarung vom 16. Juni 2007 darauf, dass der Verkäufer sie gegen Zahlung von 5.000 € bei gleichzeitiger Freistellung des Verkäufers von sämtlichen Kosten und Steuern aus dem Vertrag entließ. Für ihre anwaltliche Vertretung gegenüber dem Verkäufer S. erteilten die Bevollmächtigten der Kläger diesen eine Rechnung über 5.870,87 €. Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 25. Juni 2007 forderten die Kläger den Beklagten sodann unter Berücksichtigung der von ihnen seinerzeit noch akzeptierten Notarkosten für die Erstellung des Vertragsentwurfs mit Fristsetzung bis zum 15. Juli 2007 zur Zahlung von 10.515,71 € auf.
Gegen die ihnen erteilte Kostenrechnung des Beklagten legten die Kläger Kostenbeschwerde ein, der das Landgericht Dortmund nach Anhörung der Parteien und Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen B. und Be. mit Beschluss vom 8. Juni 2010 stattgab. Zur Begründung führte es aus, dass der Beklagte die Zwei-Wochen-Frist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG nicht eingehalten habe.
Unter dem 23. September 2009 stellte der Beklagte seine Beurkundungskosten auch dem Verkäufer S. als Zweitschuldner in Höhe von 745 € in Rechnung. Dieser glich diese Forderung aus und machte sie seinerseits gegenüber den Klägern wegen der in der Aufhebungsvereinbarung vereinbarten Kostenübernahme der Kläger geltend. Sie wurden vom Amtsgericht Iserlohn verurteilt, diesen Betrag an den Verkäufer S. zu zahlen.
Mit ihrer Klage verlangen die Kläger von dem Beklagten mit dem Vorwurf einer Verletzung notarieller Amtspflichten Ersatz der ihnen durch den Abschluss des von ihm beurkundeten Kaufvertrags entstandenen Kosten in Gestalt der an den Verkäufer S. geleisteten Abstandszahlung von 5.000 € sowie der ihnen in diesem Zusammenhang durch die Einschaltung ihrer Bevollmächtigten erwachsenen Rechtsanwaltskosten; daneben begehren sie Erstattung ihrer an den Verkäufer S. gezahlten Notarkosten sowie Freistellung von den Kosten ihrer vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.025,30 € gemäß der Rechnung ihrer Bevollmächtigten vom 9. Juni 2010.
Die Kläger machen dem Beklagten zum Vorwurf, dieser habe die Frist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG nicht eingehalten.
Das Landgericht hat die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen, weil den Klägern eine anderweitige Ersatzmöglichkeit in Form von Ansprüchen gegen den Zeugen Be. zustehen könnte.
Gegen das Urteil haben die Kläger Berufung und der Beklagte Anschlussberufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat unter Zurückweisung der Berufung der Kläger auf die Anschlussberufung des Beklagten das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage endgültig abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger, mit der sie ihren Klageantrag weiterverfolgen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass der Beklagte zwar seine ihm gegenüber den Klägern bestehende Amtspflicht aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG verletzt habe. Den Klägern sei ein Entwurf des Vertrags nicht mindestens 14 Tage vor dem Beurkundungstermin überlassen worden. Tatsächlich seien dem Beklagten auch nach eigenem Vortrag Gründe für die von ihm verlangte Beurkundung des Kaufvertrags ohne Einhaltung der Frist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG nicht genannt worden. Es sei deshalb für ihn völlig ungewiss gewesen, ob und inwieweit die Kläger im Vorfeld der Beurkundung über deren Gegenstand, Bedeutung und Tragweite ausreichend unterrichtet waren. Er hätte sich deshalb durch Nachfrage bei den Beteiligten und hier insbesondere bei den Klägern selbst ein Bild davon machen müssen, ob diese tatsächlich ernsthaft und aus welchem Grunde überhaupt aus eigenem Entschluss Willens waren, den Vertrag ohne Einhaltung der Frist abzuschließen. Die unterlassene Nachfrage des Beklagten stelle sich als Verletzung der ihm nach § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG obliegenden Amtspflicht zur Hinwirkung auf eine Einhaltung der dort für den Regelfall vorgesehenen (Überlegungs-)Frist dar.
Angesichts der Gesamtumstände liege die Annahme nahe, dass die Kläger bei entsprechender Nachfrage des Beklagten von einem Vertragsschluss abgesehen hätten. Sofern freilich die Kläger auf konkrete Nachfrage hin keine plausible Erklärung für eine besondere Eilbedürftigkeit des Geschäfts hätten bieten können, aber gleichwohl unbeirrt auf der sofortigen Beurkundung bestanden hätten, wäre der Beklagte allerdings berechtigt und verpflichtet gewesen, die Beurkundung vorzunehmen.
Die Frage der Kausalität bedürfe allerdings keiner abschließenden Feststellung. Denn die Kläger hätten durch den Abschluss ihrer mit dem Verkäufer S. geschlossenen Aufhebungsvereinbarung vom 16. Juni 2007 den Zurechnungszusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung des Beklagten und ihrem geltend gemachten Schaden unterbrochen, da es für diese auf freier Willensentschließung beruhende Vereinbarung an einem rechtfertigenden Anlass gefehlt habe. Sie habe sich bei gegebener und auch für die anwaltlich vertretenen Kläger überschaubarer Sachlage als eine ungewöhnliche, völlig unsachgemäße und unvertretbare Reaktion dargestellt. Den Klägern habe ein Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung der dem Verkäufer obliegenden Beratungspflichten zugestanden. Aufgrund dieses Schadensersatzanspruchs seien sie so zu stellen gewesen, als hätten sie vom Abschluss des Kaufvertrags abgesehen. Dies stelle sich auch zugleich als anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO dar. Ein Beratungsvertrag mit dem Verkäufer sei hier in Vertretung durch den Zeugen Be. zustande gekommen. Verhandele der Verkäufer mit dem Käufer nicht nur über die Bedingungen des angestrebten Kaufvertrags, sondern erteilte er ihm unabhängig davon einen Rat, werde die Beratung zur Hauptpflicht des Verkäufers aus einem selbständigen Beratungsvertrag. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Verkäufer dem Käufer Berechnungsbeispiele über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlege, die diesen zum Vertragsabschluss bewegen sollen. Dies sei vorliegend insbesondere nach den Erläuterungen der Kläger vor dem Landgericht im Rahmen des Kostenbeschwerdeverfahrens zum Inhalt der mit dem Zeugen Be. geführten Gespräche sowie auch nach dem Inhalt der vom Beklagten in den Kaufvertrag aufgenommenen Vorbemerkung mit dem darin enthaltenen Hinweis unter anderem auf die Bedeutung laufender Mieteinnahmen für die Sicherung der Finanzierung der Kläger ersichtlich der Fall gewesen. Dass der Zeuge Be. als selbständiger Finanzberater aufgetreten sei, spreche hier nicht entscheidend gegen die Annahme eines selbständigen Beratungsvertrags zwischen den Klägern und dem Verkäufer S. neben dem anschließend geschlossenen Kaufvertrag. Sei der Zeuge Be. – wie die Kläger dies darstellten – durch den Verkäufer S. damit betraut gewesen, die wesentlichen Vertragsverhandlungen mit den Kaufvertragsinteressenten zu führen, und sei ihm hierbei weitgehend freie Hand gelassen worden, genüge dies nach der Rechtsprechung, ihn bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls als Erfüllungsgehilfen des Verkäufers anzusehen. Abgesehen davon könne sich, sofern sich bei der Vermittlung eines Kaufvertrags die Aufgabe einer Beratung des Kaufinteressenten stelle und diese vom Verkäufer dem mit den eigentlichen Vertragsverhandlungen befassten Vermittler oder Makler überlassen werde, dessen stillschweigende Bevollmächtigung zum Abschluss des Beratungsvertrags aus den Umständen ergeben. Habe aber ein selbständiger Beratungsvertrag zwischen den Klägern und dem Verkäufer S. bestanden, sei dieser zu richtiger und vollständiger Information über die tatsächlichen Umstände verpflichtet gewesen, die für den Kaufentschluss der Kläger von wesentlicher Bedeutung gewesen seien oder hätten sein können. Diese Pflicht habe der Verkäufer beziehungsweise sein für ihn hier als Erfüllungsgehilfe tätig gewordene Vermittler Be. verletzt, als er den Klägern ein unzutreffendes Bild vom Wert der berechtigten Ertragserwartung der ihnen angebotenen Immobilie gegeben und sie so maßgeblich zum Vertragsschluss veranlasst habe. Die Kläger könnten dem auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, eine streitige Auseinandersetzung mit dem Verkäufer S. sei ihnen nicht zuzumuten gewesen, da sie in diesem Fall den Nachweis fehlerhafter Beratung nur durch den Zeugen Be. hätten führen können. Denn neben den von ihnen vorgetragenen objektiven Kriterien – Kaufpreis der erworbenen Eigentumswohnung weit über Verkehrswert, fehlende Eignung des Erwerbs als Basis eines an sich beabsichtigten Erwerbs einer zur Eigennutzung gedachten Immobilie – hätten sich die Kläger zum Beweis für den Inhalt zudem ergänzend auch auf das Zeugnis des Beklagten berufen können, in dessen Gegenwart ihnen der Vertragsschluss noch als einmalige Gelegenheit angepriesen worden sein solle, obwohl damals die Finanzierung des Kaufs noch gar nicht geklärt gewesen sei und ihnen insbesondere weder die erworbene Wohnung von innen noch der Inhalt der hierüber bestehenden Mietverträge bekannt gewesen seien.
II.
Die Klageabweisung durch das Berufungsgericht hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Den Klägern steht vielmehr ein Schadensersatzanspruch in der ausgeurteilten Höhe nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO gegen den Beklagten zu.
1. Der Beklagte hat die den Klägern gegenüber obliegende Amtspflicht aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG durch die Vornahme der Beurkundung des hier streitgegenständlichen Kaufvertrags am 16. April 2007 verletzt. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten insoweit einer rechtlichen Überprüfung nur im Ergebnis stand. Die dagegen erhobenen Gegenrügen des Beklagten bleiben ohne Erfolg.
Der Notar hat nicht darauf hingewirkt, dass die Kläger als Verbraucher ausreichend Gelegenheit erhielten, sich vor der Beurkundung mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen; er hat nicht gewährleistet, dass zwei Wochen vor der Beurkundung der abzuschließende Vertrag den Klägern zur Verfügung gestellt worden ist.
a) Bei den Klägern handelt es sich um Verbraucher und bei dem Verkäufer S. um einen Unternehmer. Der abzuschließende Kaufvertrag war beurkundungsbedürftig gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BeurkG. Damit war der Notar grundsätzlich verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Kläger ausreichend Gelegenheit erhalten, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen. In Verbraucherverträgen hat er im Regelfall dafür Sorge zu tragen, dass dem Verbraucher der beabsichtigte Text des Rechtsgeschäfts zwei Wochen vor der Beurkundung zur Verfügung gestellt worden ist.
b) Hiervon durfte der Beklagte in der maßgeblichen Beurkundung am 16. April 2007 nicht absehen. Ein rechtfertigender Anlass, bereits an diesem Termin die Beurkundung vorzunehmen, bestand nicht.
aa) Die nach § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 BeurkG einzuhaltende Regelfrist von zwei Wochen zwischen Zurverfügungstellung des Vertragsentwurfs und der Beurkundung steht in einem Spannungsverhältnis zu § 15 Abs. 1 BNotO, denn nach dieser Vorschrift darf der Notar seine Urkundstätigkeit nicht ohne ausreichenden Grund verweigern. Den Beteiligten steht insoweit ein Anspruch auf die Amtstätigkeit des Notars zu. Dieses Spannungsverhältnis ist mit dem Gesetzeszweck des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG aufzulösen. Dem Gesetzgeber stand bei der Neuregelung des § 17 Abs. 2a Satz 2 BeurkG vor Augen, dass die Möglichkeiten der Aufklärung durch den Notar anlässlich der Beurkundung nicht ausreichend genutzt werden, wenn (namentlich) Verbraucher unvorbereitet zum Notartermin erscheinen. Das liege in einem Teil der Fälle daran, dass die Terminabsprachen sehr kurzfristig getroffen würden und die Beurkundung dann vorgenommen werde, ohne dass sich der Verbraucher mit dem Text des beabsichtigten Rechtsgeschäfts vertraut machen und sich überlegen könne, welche Fragen er an den Notar richten wolle. Oft erfahre der Verbraucher auch erst im Notartermin, dass der Notar einige für ihn ausschlaggebende Fragen gar nicht zu prüfen habe. Viele Verbraucher scheuten sich dann, einen Termin "platzen zu lassen". Im Ergebnis bleibe dann das Aufklärungspotential des Beurkundungsverfahrens ungenutzt (BT-Drucks. 14/9266 S. 50).
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ist der Zweck des Gesetzes, (insbesondere) den Verbraucher vor unüberlegtem Handeln zu schützen, regelmäßig erreicht, wenn er nach Mitteilung des Textes des beabsichtigten Rechtsgeschäfts eine Überlegungsfrist von zwei Wochen hat. Diese – an die für Widerrufsrechte bei Verbraucherverträgen geltende Zwei-Wochen-Frist des § 355 Abs. 2 BGB angelehnte – Frist ist als Regelfrist ausgestaltet; diese kann im Einzelfall unterschritten werden, in besonderen Fällen kann aber auch ein Überschreiten dieser Frist geboten sein (BT-Drucks. 14/9266 S. 51). Durch diese flexible Ausgestaltung kann und soll zwar (auch) vermieden werden, dass sich die Zwei-Wochen-Frist als unnötige "Beurkundungssperre" auswirkt. Andererseits darf der Gedanke des Verbraucherschutzes nicht in den Hintergrund treten. Ein Abweichen von der Regelfrist kommt nur dann in Betracht, wenn im Einzelfall nachvollziehbare Gründe – auch unter Berücksichtigung der Schutzinteressen des Verbrauchers – es rechtfertigen, die dem Verbraucher zugedachte Schutzfrist zu verkürzen. Voraussetzung für die Nichteinhaltung der Frist ist deshalb ein sachlicher Grund für ihre Abkürzung. Der vom Gesetz bezweckte Übereilungs- und Überlegungsschutz muss auf andere Weise als durch die Einhaltung der Regelfrist gewährleistet sein (vgl. KG DNotZ 2009, S. 47, 48; Staudinger/Hertel, BGB, [2004] Vorbem. zu §§ 127a, 128 Rn. 529; Ganter in Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 2. Aufl., Rn. 1409; Bücker/Viefhues ZNotP 2008, 106, 107 f; Armbrüster NotBZ 2009, 54 f; Rieger MittBayNot 2002, 325, 334). Die Einhaltung der Frist steht dabei nicht zur Disposition der Beteiligten (KG aaO; Staudinger/Hertel aaO Rn. 530; ders. ZNotP 2002, 286, 289; Grziwotz ZfIR 2009, 627, 629; Solveen RNotZ 2002, 318, 325; Weingärtner/Wöstmann, Richtlinienempfehlungen der BNotK/Richtlinien der der Notarkammern, S. 188 Rn. 28; a.A. Litzenburger NotBZ 2002, 280, 283). Dabei ist auch im Blick zu behalten, dass sich jemand, der sich überhastet zu einem Grundstückskaufvertrag überreden und unmittelbar die Beurkundung bei einem Notar durchführen lässt, ohne sich hinreichend mit dem Gegenstand des Vertrages vertraut gemacht zu haben, auch dazu drängen lassen wird, auf die Einhaltung der Pflichten aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG zu verzichten. Der vom Gesetzgeber bezweckte Verbraucherschutz ist daher – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – nur dann ausreichend gewahrt, wenn dem Notar, so die Regelfrist von zwei Wochen nach § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 BeurkG nicht abgelaufen ist und die Zwecke dieser Wartefrist nicht anderweitig erfüllt sind, die Amtspflicht auferlegt wird, eine Beurkundung trotz eines entgegenstehenden Wunsches der Urkundsbeteiligten abzulehnen (KG aaO; Brambring ZfIR 2002, 597, 606; Bücker/Viefhues ZNotP 2008, 106, 108; Philippsen NotBZ 2003, 137, 140; Weingärtner/Wöstmann aaO Rn. 29; Winkler, BeurkG, 16. Aufl., § 17 Rn. 197; Armbrüster in Armbrüster/Preuss/Renner, BeurkG/DONot, 6. Aufl., § 17 Rn. 227; so wohl auch Armbrüster NotBZ 2009, 54, 56; a.A. Prinz in Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG, 3. Aufl., § 17 BeurkG Rn. 39g; Bohrer DNotZ 2002, 579, 593).
bb) Im vorliegenden Fall hatte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine hinreichende Auseinandersetzung der Kläger mit dem zu beurkundenden Kaufvertrag stattgefunden. Sie hatten die Wohnung nicht besichtigt und die Finanzierung war nicht geklärt. Der Beklagte selbst hat angegeben, dass er nicht mitbekommen habe, welchen Grund die Kläger hatten, den Kaufvertrag sofort beurkunden zu lassen. Lediglich der Aufforderung zur Beurkundung ist er nachgekommen. Der Beklagte hat deshalb auch nicht ansatzweise irgendwelche Feststellungen dazu getroffen, dass die Zwecke der Regelwartefrist nach § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 BeurkG gewahrt waren. Er hätte deshalb die Beurkundung am 16. April 2007 nicht durchführen dürfen.
cc) Die Gegenrügen des Beklagten insoweit bleiben ohne Erfolg. Er konnte, wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist, nicht durch die Vorbemerkung im Kaufvertrag und den Hinweis auf die Verbindlichkeit des beurkundeten Kaufvertrages seine Pflicht zur Gestaltung des Beurkundungsverfahrens in der Weise, dass eine hinreichende Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit dem zu schließenden Vertrag besteht, erfüllen. Die Zwecke des Wartegebots des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 BeurkG konnten mit dem Hinweis auf die Verbindlichkeit des abgeschlossenen Vertrages nicht erreicht werden.
2. Die Amtspflichtverletzung hat der Beklagte zumindest fahrlässig verwirklicht. Die entsprechenden Feststellungen nehmen die Revisionskläger als für sich günstig hin. Gegenrügen hat der Beklagte insoweit nicht erhoben.
Soweit die Kläger geltend machen, die Pflichtverletzung sei vorsätzlich erfolgt, kann dies hier dahingestellt bleiben, da auch die fahrlässige Amtspflichtverletzung zur Haftung führt und diese hier nicht durch das Vorliegen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit ausgeschlossen wird (siehe dazu unter 4.), wofür allein die Frage der vorsätzlichen Begehung von Bedeutung sein könnte.
3. Aufgrund der Amtspflichtverletzung des Beklagten ist der Vertrag unter Missachtung der Regelfrist am 16. April 2007 beurkundet worden. Durch die "vorzeitige" Beurkundung sind die hier geltend gemachten Schäden eingetreten. Die vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel hinsichtlich der Kausalität bestehen nicht; sie gründen allein auf der – verfehlten – Auffassung, dass die Einhaltung der gesetzlichen Regelfrist zur Disposition der Urkundsbeteiligten steht und deshalb auch bei pflichtgemäßem Vorgehen an diesem Tage eine Beurkundung hätte erfolgen können. Dies trifft, wie ausgeführt, nicht zu.
4. Soweit das Berufungsgericht eine Haftung des Notars verneint, weil die Kläger durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages den Zurechnungszusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung des Beklagten und dem geltend gemachten Schaden unterbrochen hätten, hält dies einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht hat der Beurteilung zugrunde gelegt, dass aufgrund der Äußerungen des Zeugen Be. gegenüber den Klägern ein Beratungsvertrag mit dem Verkäufer der Wohnung zustande gekommen sei. Schon in diesem Ausgangspunkt begegnet, wie die Revision zu Recht rügt, die Auffassung des Berufungsgerichts durchgreifenden Bedenken.
a) Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass die Beratung zur selbständigen Hauptpflicht des Verkäufers aus einem Beratungsvertrag wird, wenn der Verkäufer im Rahmen eingehender Vertragsverhandlungen und auf Befragen des Käufers einen ausdrücklichen Rat erteilt. Dabei steht es einem auf Befragen des Käufers erteilten Rat gleich, wenn der Verkäufer als Ergebnis intensiver Vertragsverhandlung ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, dass zur Förderung der Vermittlung des Geschäfts dienen soll (vgl. BGH, Urteile vom 14. März 2003 – V ZR 308/02, NJW 2003, 1811, 1812 und vom 13. Oktober 2006 – V ZR 66/06, NJW 2007, 1874 Rn. 13 jeweils mwN). Erforderlich ist aber, um einen entsprechenden Rechtsbindungswillen annehmen zu können, dass eine über allgemeine Informationen hinausgehende Auskunft erteilt wird (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2006 aaO Rn. 14; Bamberger/Roth/Fischer, BGB, 3. Aufl., § 675 Rn. 82). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist deshalb ein Beratungsvertrag zwischen dem Käufer und dem Verkäufer einer Immobilie nur angenommen worden, wenn die Berechnungsbeispiele individuell zugeschnitten waren und insoweit über allgemeine Informationen und eine Anpreisung hinausgehen (vgl. BGH, Urteile vom 18. Juli 2008 – V ZR 71/07, NJW 2008, 3059 Rn. 10 ff; 13. Juni 2008 – V ZR 114/07, NJW 2008, 2852 Rn. 11 ff; 13. Oktober 2006 aaO; 8. Oktober 2004 – V ZR 18/04, NJW 2005, 820, 822; 31. Oktober 2003 – V ZR 423/02, BGHZ 156, 371, 374 ff; 14. März 2003 – V ZR 308/02, NJW 2003, 1811, 1812 f; 27. November 1998 – V ZR 344/97, BGHZ 140, 111, 115 f).
b) Das Berufungsgericht stellt hier für den Vertragsschluss darauf ab, was die Kläger im Kostenbeschwerdeverfahren zum Inhalt der Gespräche mit dem Zeugen Be. ausgeführt haben. Dort haben die Kläger zwar ausgeführt, dass der Zeuge Be. ihnen nicht nur die Immobilie allgemein als günstige Kaufgelegenheit angeboten hätte, sondern auch einige Bemerkungen hinsichtlich der Finanzierung der Wohnungen gemacht hätte. Dass hier jedoch ein konkretes, auf die persönlichen Verhältnisse der Kläger zugeschnittenes Berechnungsbeispiel mündlich gemacht worden sei, haben die Kläger im Notarkostenbeschwerdeverfahren nicht vorgetragen; solches ist nicht ersichtlich und vom Berufungsgericht nicht festgestellt. Die von den Klägern im Notarkostenbeschwerdeverfahren wiedergegebenen Äußerungen des Zeugen Be. sind so allgemein gehalten, dass sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des V. Zivilsenats schwerlich der (konkludente) Abschluss eines Beratungsvertrags mit selbständigen Pflichten zwischen den Klägern und dem Verkäufer begründen ließe, deren Verletzung Schadensersatzansprüche der Kläger nach sich ziehen könnten. Gleiches gilt hinsichtlich der vom Beklagten in den Kaufvertrag aufgenommenen Vorbemerkung mit dem darin (unter anderem) enthaltenen Hinweis auf die Bedeutung laufender Mieteinnahmen für die Sicherung und Finanzierung der Kläger. Auch hier ist nicht erkennbar, dass durch den Zeugen Be. eine konkrete Beratung der Kläger hinsichtlich der Finanzierung der Immobilie mit individuellen Zahlen vorgenommen worden ist. Wie das Berufungsgericht selbst festgestellt hat, war die Finanzierung zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht festgelegt.
Ausgehend hiervon kann in dem Abschluss des Vergleichs keine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs gesehen werden. Vielmehr stellte sich dies als eine verständliche, gut nachvollziehbare Maßnahme dar, die bei einer Inanspruchnahme durch den Verkäufer drohenden finanziellen Risiken zu begrenzen.
5. Dem Schadensersatzanspruch der Kläger steht auch nicht entgegen, dass eine anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht oder bestanden hätte.
a) Eine solche anderweitige Ersatzmöglichkeit kommt nicht in Betracht in Form eines Schadensersatzanspruchs gegen den Verkäufer S. . Wie ausgeführt bestanden keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Zustandekommen eines selbständigen Beratungsvertrags zwischen den Klägern und dem Verkäufer S. ; die Erhebung einer Schadensersatzklage wäre den Klägern jedenfalls mangels hinreichender Erfolgsaussichten nicht zumutbar. Für kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche oder das Bestehen von Anfechtungsgründen hinsichtlich des Kaufvertrags ist nichts dargetan oder ersichtlich und vom Berufungsgericht auch nichts festgestellt.
b) Auch Ansprüche gegen den Zeugen Be. kommen als anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht in Betracht. Voraussetzung für einen solchen Anspruch wäre der Abschluss eines Anlageberatungs- oder Auskunftsvertrags hinsichtlich der getätigten "Kapitalanlage" und im Anschluss daran eine unzutreffende Auskunft oder Beratung. Selbst wenn man – dem Landgericht folgend – unterstellt, dass diese Voraussetzungen vorlagen, so standen den Klägern jedoch keinerlei Beweismittel zur Verfügung. Sie hätten sich allein auf die Parteivernehmung des Be. als eines möglichen Prozessgegners berufen können. Die Erfolgsaussicht eines solchen Schadensersatzprozesses wäre mehr als gering gewesen. Ein Nachweis hinsichtlich des Abschlusses des Vertrages und einer Falschberatung konnte auch nicht durch den Beklagten als Zeugen erbracht werden, da dieser bei dem Beratungsgespräch und einem möglichen mündlichen Vertragsschluss nicht dabei war. Die allgemeine Äußerung anlässlich der Beurkundung, bei dem Kaufvertrag handele es sich um eine günstige Gelegenheit, hält sich für sich genommen im Bereich einer allgemeinen Anpreisung. Eine zumutbare andere Ersatzmöglichkeit besteht aber dann nicht, wenn derjenige, der durch eine Amtspflichtverletzung eines Notars geschädigt wurde, mit einer Klage gegen einen angeblich ersatzpflichtigen Dritten wegen Beweisschwierigkeit abgewiesen werden müsste (Senatsurteil vom 25. Juni 1959 – III ZR 72/58, VersR 1959, 997, 998; Wöstmann in Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 2. Aufl., Rn. 2199). Der Senat kann dies selbst entscheiden, da eine weitere Aufklärung nicht zu erwarten ist.
6. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben. Der Senat kann selbst entscheiden, da die Sache zur Endentscheidung reif ist (vgl. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO).
Die erhobene Verjährungseinrede hinsichtlich der Schadensersatzforderung wegen der Zahlung von 745 € Notarkosten an den Verkäufer, zu denen die Kläger durch Urteil des Amtsgerichts Iserlohn vom 9. September 2011 verurteilt worden sind, greift nicht durch. Sie hatten mit ihrer Kostenbeschwerde die Kostenforderung des Beklagten wegen der streitgegenständlichen Beurkundung erfolgreich bekämpft. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 8. Juni 2010 die Kostenberechnung des Beklagten wegen unrichtiger Sachbehandlung gemäß §§ 141, 16 KostO aufgehoben. Bei dieser Sachlage mussten die Kläger nicht damit rechnen, dass der Beklagte daraufhin wegen dieser Beurkundung dem Verkäufer im Wege der Zweitschuldnerhaftung am 23. September 2009 eine Kostenrechnung stellen würde und sie darüber hinaus wegen dieser Rechnung vom Verkäufer in Regress genommen werden könnten. Die Verjährungsfrist konnte daher frühestens mit der Zuleitung dieser Kostenrechnung durch den Verkäufer an die Kläger beginnen; somit war sie bei Erhebung der entsprechenden Schadensersatzforderung hier im Prozess noch nicht abgelaufen.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters