Das voraussichtlich im September in Kraft tretende "Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im notariellen Beurkundungsverfahren" ist das erste Verbraucherschutzgesetz, das Verbraucher wirksam vor pflichtwidrig handelnden Notaren schützt. Das Gesetz hat deshalb sowohl für den Verbraucherschutz wie auch für das notarielle Berufsrecht erhebliche, über den konkreten Regelungsinhalt hinausgehende Bedeutung.
Im Einzelnen: Der Gesetzgeber hatte im Jahre 2002 das notarielle Beurkundungsrecht geändert und für beurkundungspflichtige Verbraucherverträge eine 14-tägige Wartefrist eingeführt (§ 17 a Beurkundungsgesetz). Seit dem dürfen Notare bestimmte Verbraucherverträge, insbesondere Immobilienkaufverträge, nur noch dann beurkunden, wenn der Verbraucher vor dem Beurkundungstermin mindestens 14 Tage lang Gelegenheit hatte, den Vertrag inhaltlich zu prüfen. Diese, den Verbraucher schützende, verbindliche Warte‑, Prüfungs- und Überlegungsfrist ist offenbar von so vielen Notaren missachtet worden, dass der Gesetzgeber sich jetzt zum Handeln gezwungen sah. Der Gesetzgeber hat dazu u.a. das notarielle Disziplinarrecht verschärft. Notare, die die 14-tägige Wartefrist wiederholt grob missachten, werden des Amtes enthoben. Diese Änderung des notariellen Disziplinarrechts hat grundsätzliche Bedeutung. Denn der Gesetzgeber sanktioniert damit zum ersten Mal eine individuelle, über die Verletzung allgemeiner notariellen Berufspflichten hinausgehende Pflichtverletzung, hier die Verletzung der Wartefrist, mit der höchstmöglichen Disziplinarstrafe, nämlich der Entlassung des Notars aus dem Notaramt. Er beschränkt damit im Interesse des Verbraucherschutzes die notarielle Freiheit bei der Gestaltung des Beurkundungsverfahrens und damit letztlich auch die Unabhängigkeit der Notare gegenüber der Aufsichtsbehörde. Das neue Gesetz ist deshalb rechtsdogmatisch gleich unter zwei Gesichtspunkten bemerkenswert, nämlich unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes einerseits (gesetzlicher Schutz des Verbrauchers auch vor Notaren) und dem Gesichtspunkt des notariellen Berufsrechts andererseits (Beschränkung der notariellen Unabhängigkeit). Verbraucher und Verbraucherschützer dürfen sich deshalb über das neue Gesetz freuen, Notare und deren Standesvertreter wohl eher nicht.
Das bedeutet für den Kauf vom Bauträger: Der Gesetzgeber garantiert jedem Käufer eine Prüfungs- und Überlegungsfrist von 14 Tagen. Er betont damit zugleich die Notwendigkeit, Bauträgerverträge vor Abschluss sorgfältig auf rechtliche und wirtschaftliche Mängel hin zu überprüfen und verweist auf die "existenzbedrohenden Folgen", wenn diese Prüfung unterbleibt. Jeder Käufer sollte diese, ihm vom Gesetzgeber gebotene Möglichkeit nutzen und sich mit dem Bauträgervertrag vor der Beurkundung rechtlich und wirtschaftlich intensiv auseinandersetzen.
Guten Tag Herr Dr. Recker,
wie immer gibt es "Gute" und, na sagen wir mal, "grenzwertige" Vertreter dieser Zunft. Ob mit der Frist der Verbraucher geschützt ist sei mal dahingestellt. Tatsache ist dass Niemand bei Beurkundung rechtlich aufgefordert ist den Nachweis zu erbringen ob er die Verpflichtungen aus dem Rechtsgeschäft überhaupt erfüllen kann. Wo fängt also Verbraucherschutz an, wo hört er auf? Dies speziell auch vor dem Hintergrund dass in vielen Bundesländern eine Trennung von Notar und Rechtsanwalt nicht existiert. Von einem "echten" Verbraucherschutz muss der Bürger mehr erwarten dürfen, und zwar von Allen Beteiligten.
Beste Grüße,
Rolf Tente
Lieber Herr Tente,
Sie haben natürlich Recht, wenn Sie die verbleibenden Lücken im Verbraucherschutz bei notariellen Verbraucherverträgen beklagen, aber: Verbraucherschutz ist immer Minimalschutz, nämlich Mindestschutz vor Unternehmern, die die Gestaltungsfreiheit beim Abschluss von Verträgen als Freibrief verstehen und zum Nachteil der Verbraucher missbrauchen. Ich bleibe deshalb bei meiner Bewertung. Und bitte, machen Sie sich doch einmal Folgendes klar: Nach dem Willen des Gesetzgebers werden Notare jetzt ihres Amtes enthoben, wenn sie eine gesetzliche Wartefrist vor der Beurkundung von Verbraucherverträgen wiederholt nicht einhalten: Was für eine Strafe für die Verletzung einer – formal – bloßen Wartefrist! Diese Rechtsfolge ist mit dem traditionellen Bild des nur dem Gesetz unterworfenen, im Übrigen aber bei seiner Tätigkeit von jedermann unabhängigen Notars wohl kaum vereinbar.
Beste Grüße, Ihr W. Recker