Beim Kauf einer Immobilie vom Bauträger wird jedem Kaufinteressenten eine mindestens zweiwöchige Überlegungsfrist eingeräumt, bevor der Kauf bindend abgeschlossen werden kann. So will es der Gesetzgerber im jüngst novellierten Beurkundungsgesetz (§ 17 Abs. 2 a S. 2 Nr. 2 BeurkG). Die Überlegungsfrist ist eine Schutzfrist; sie soll im Interesse des Verbraucherschutzes sicherstellen, dass sich Käufer vor der endgültigen Entscheidung umfassend über alle, für die Kaufentscheidung relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände informieren können (vgl. z.B. Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.06.2013 – III ZR 121/12). Das klingt nach wirksamem Verbraucherschutz, aber welchen Wert hat die Schutzfrist in der Praxis wirklich? Bei realistischer Betrachtung: Der Wert der Schutzfrist hält sich wohl eher in Grenzen. Warum ist das so?
Beim Kauf einer Immobilie vom Bauträger muss der Käufer tatsächliche und rechtliche Beurteilungen vornehmen, die ein technischer und juristischer Laie vorzunehmen regelmäßig nicht in der Lage ist. Beispielsweise: Wie soll ein technischer Laie beurteilen, ob Baugewerke den aktuellen Regeln der Technik entsprechen oder ob eine Baubeschreibung die Gebrauchstauglichkeit einer Immobilie zu Wohnzwecken uneingeschränkt gewährleistet? Wie soll ein juristischer Laie erkennen, ob der Bauträgervertrag alle gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheiten enthält, um bei einer Insolvenz des Bauträgers einen Totalverlust zu verhindern? Wie soll ein Laie beim Kauf einer Eigentumswohnung erkennen, ob die Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung wesentliche Käuferrechte einschränkt oder nicht? Solche Beurteilungen können im Zweifel nur fachlich qualifizierte Berater nach eingehender und zeitaufwändiger Prüfung vornehmen, nicht aber die Käufer selbst.
Das bedeutet: Beim Erwerb einer Immobilie vom Bauträger ist der Käufer auf unabhängige, technische und juristische Berater angewiesen. Solche Berater sind aber nicht immer leicht zu finden und wenn sie denn gefunden werden, benötigen diese Berater ausreichend Zeit für ihre Stellungnahmen und Bewertungen. Die zweiwöchige Bedenkzeit erweist sich deshalb in der Praxis häufig als zu kurz mit der Folge, dass viele Käufer ihre Kaufentscheidung am Ende doch wieder ohne qualifizierte unabhängige Beratung treffen.
Dieses zeitliche Dilemma beim Kauf vom Bauträger würde entschärft, wenn die Bauträger nach dem Vorbild des Entwurfs des Europäischen Kaufrechts von 2011 (KOM(2011) 635 endgültig) bereits im Vorfeld des Vertragsabschlusses zusätzliche Informationspflichten übernähmen. Derartige, z.B. an Hand einer qualifizierten Checkliste angebotene Informationen und Erläuterungen zu allen wesentlichen Merkmalen des Grundstücks, der Baugewerke, der Vertragsbestimmungen und der Kosten würden dem Käufer die Prüfung des Bauträgerangebots in der Kürze der gesetzlich garantierten Überlegungsfrist wesentlich erleichtern.